WELTKULTURERBE NEUSEELAND
IM DETAIL



Im Erdinneren brodelt es: Nationalpark Tongariro

Welterbe Neuseeland:
Naturschutzgebiet Te Wahipounamu mit Nationalparks Westland / Mount Cook und Fjordland
Nationalpark Tongariro
Subantarktische Inseln
Ohne die Weisheit des Maorihäuptlings Te Heuheu Tukino gäbe es den Nationalpark nicht. Um die einmalige Landschaft der Vulkane vor der Gier der weißen Kolonialherren und angelsächsischen Siedler nach Land zu schützen, schenkte er 1887 Tongariro und seine benachbarten Vulkane dem neuseeländischen Staat. Gebunden war diese Schenkung daran, dass die Vulkanregion auf immer und ewig unter Schutz gestellt wird. 

Die Erde brodelt

Wer in diesem Nationalpark zu Fuß unterwegs ist, wird je nach Jahreszeit die mit Schnee bedeckten Flanken von Bergkegeln wahrnehmen. Dass es im Inneren dieser Berge brodelt, wird nur ab und an sichtbar, wenn bei dramatischen Ausbrüchen Ascheregen niedergeht und Schlammlawinen sich in die Ebenen ergießen. Dass die Erde an dieser Stelle Ozeaniens bisher nicht zur Ruhe gekommen ist, liegt am Zusammentreffen zweier Erdplatten, der indo-australischen und pazifischen.

Die Landschaft ist von karger Vegetation überzogen. Die Farben Mausgrau, Anthrazit, Burgunderrot und dunkles Violett überwiegen. Bisweilen sieht man Mineralausfällungen in Gelb und Tiefrot wie bei Ketetahi Springs. Hier sprudelt heißes, mit Mineralien angereichertes Wasser unablässig aus der Tiefe. Ein beißender Geruch von faulen Eiern dringt in die Nase.

Teebäumen und Tussock

Der Blick des Wanderers fängt sich manchmal an Vegetationsinseln:  Zwei Arten von bis zu 15 Meter hohen Teebäumen fallen wegen ihrer kleinen weißen Blüten auf. Wenige Scheinbuchen mit ihren gezähnten, herzförmigen Blättern strecken sich gen Himmel. Sie haben an kleinen Wasserläufen den Feuer und Asche speienden Vulkanen wie Ruapehu getrotzt. Nur in Neuseeland kommt Totara vor, ein Steineibengewächs mit zerfurchter Rinde und konischer Krone. Wer im Herbst unterwegs ist, wird deren kleine rote Früchte sehen, die bei zahlreichen Vögeln sehr begehrt sind. Immer wieder wandern die Augen von den grünen „Matten“ hinüber zur tiefgrauen-dunkelvioletten „Mondlandschaft“, die das Ergebnis vulkanischer Aktivitäten ist. Der Wind lässt derweil die aus der Erde steigenden Dämpfe verfliegen und spielt mit den gelblich-roten Büscheln von Tussock.

Weiße Sinterterrassen, über die unablässig Wasser strömt, findet man ebenso wie scharfkantigen Tuff. Schaut man zwischen Blue Lake und Emerald Lake – beide Seen haben ihren Namen wegen der intensiven Färbung des Wassers zu Recht – zum Tongariro und Ngauruhoe hinauf, so sind karmesin- und brombeerrot gefärbte Flanken auszumachen.

Der Maorifalke – eine Rarität

Beim Durchstreifen des Nationalparks stößt man auch auf Mattenpflanzen wie die in Rosetten gedeihende Raoulia grandiflora, die Blüten wie Gänseblümchen entwickelt,  und gelbblühende Hahnenfußarten. Ob man einen Maorifalken zu Gesicht bekommt, ist wohl eher Zufall. Saumschnabelenten, auch Blaue Enten genannt, kann man hingegen recht häufig paarweise in den Gewässern von Ohinepango antreffen. Bisweilen schwirren auch kleine Fächerschwänze aufgeregt zwischen dem niedrigen Buschwerk umher.

Das Land der Maori

Wer einen Blick auf die Landkarte wirft, wird auf Ortsbezeichnungen stoßen, die der Sprache der Maori, der neuseeländischen Ureinwohner, entstammen: So verweist der Name Ngauruhoe als Name eines der Vulkankegel im Nationalpark auf den Maori-Priester Ngatoro. Dieser ließ dort, wo sich Ngauruhoe erhebt, einen Sklaven namens Auruhoe opfern, hatten ihn doch die Götter vor dem Erfrieren bewahrt, indem sie Feuer schickten.

Neben dieser gibt es noch eine weitere Legende, die sich die neuseeländischen Ureinwohner über die Entstehung der Vulkane erzählen: Im Zentralland der neuseeländischen Nordinsel lebte in grauer Vorzeit der Vater aller Götter, Tongariro, und mit ihm Ngauruhoe, Ruapehu und Taranaki, während unweit von ihnen die liebliche Jungfrau Pihanga stand. Mit ihrem Mantel aus tiefgrünem Buschwerk, den sie fest um ihre zarten Schultern gelegt hatte, war die Jungfrau eine wahre Augenweide. Wegen ihrer besonderen Schönheit hatte jeder der vier Gottheiten ein Auge auf Pihanga geworfen. Doch sie verschmähte drei der Gottheiten und gab sich allein dem weißhaarigen Tongariro als Geliebte hin. Das durchaus ungleiche Paar hatte jedoch nicht mit dem gekränkten Taranaki gerechnet, der sich von Pihanga zurückgestoßen fühlte, obgleich er schwer in sie verliebt war. Taranaki stellte Pihanga fortwährend nach und kümmerte sich dabei nicht um das Liebesglück von Tongariro. Alsbald jedoch brach zwischen beiden Götter ein sehr heftiger Streit aus. Dieser war so gewaltig, dass die Erde erbebte. Auch alle anderen  Berge ließen nun ihrem Unmut freien Lauf, indem sie Feuer spien und mit ihrer Asche den Himmel verdunkelten.
Als das Donnerwetter der Berggottheiten verklungen und wieder Ruhe und Friede eingekehrt war, befand sich Tongariro eng an der Seite Pihangas, wenn er auch in seiner majestätischen Größe etwas geschrumpft war. Taranaki hingegen hatte sich aus wilder Verzweiflung und Wut von seinem Standort entfernt. Er zog nach Westen zum Meer und wandte sich dann nach Norden, um schließlich dort, wo die Sonne hinter dem Horizont verschwindet, sein eigenes Reich als Berggottheit zu finden. Taranakis Bergkegel erhebt sich seither unweit von New Plymouth in den neuseeländischen Himmel.

Ferdinand Dupuis-Panther



 


Welterbe Neuseeland im Detail:

Naturschutzgebiet Te Wahipounamu mit Nationalparks Westland / Mount Cook und Fjordland (N/1990)

Nationalpark Tongariro (K/N/1990; 1993 erweitert)

Subantarktische Inseln: Snares, Bounty Inseln, Antipodeninseln, Aucklandinseln und Campbell (N/1998)


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